Zucker. Mit Z wie Zukunft

Carbon Cycle Culture Club C4 im Herrmannschacht
Das Forum Rathenau lädt Experten zur Diskussion
um Perspetiven rund um „Zucker als Baustoff“.

Fakten und einleuchtende Argumente

Was kann Zucker jenseits der Nahrungsmittel- und Ethanolherstellung? Akteure aus Wissenschaft und Industrie forschen mit Hochdruck an Fasern, Chemikalien und Biokunststoffen, die auf Zucker basieren. Das Forum Rathenau stellt sich dem Thema Kohlenstoff, der zentraler Bestandteil der Wirtschaft, Ernährung und Energieversorgung ist. Mit dem Carbon Cycle Culture Club (C4) verbindet es transdisziplinär Kunst, Wissenschaft und Forschung.

Zeitz als Standort der Zuckerproduktion mit langer Tradition war gestern Schauplatz des fünften C4 des Forums Rathenau. Ort der hybriden und hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion das Revierhaus der Brikettfabrik Herrmannschacht.

Im Fokus: Zucker. Schon im Januar hatte sich der Carbon Cycle Culture Club zur Initiative „Neues Europäisches Bauhaus – Das Sachsen-Anhalt Projekt“ mit dem Thema systemischer Wandel im Bauwesen auseinander gesetzt. Denn auch genau um solche Fragen wie heute gehe es im Sachsen-Anhalt-Projekt, um Innovationen rund ums Bauen, Wohnen, Leben, konnte Dr. Franziska Krüger, Chefin der Stabsstelle Strukturwandel in der Staatskanzlei, im Inpulsreferat bestätigen.

Nun stand die Frage im Zentrum, welche Rolle dabei künftig Zucker als nachhaltiges Material einer kreislaufbasierten Bauwirtschaft spielen kann. Geht es nach Dr. Sebastian Kunz eine beträchtliche. Der Senior Manager Catalysis and Carbohydrate Chemistry bei der Südzucker AG erklärte, neue pflanzenbasierte Lösungen neben der Lebensmittelproduktion seien Bestandteil der Konzernstrategie. Spätestens seit Ende der Zuckerquote setzt Südzucker viel Geld und Know how ein, um neue Segmente für den Einsatz des regional nachwachsenden Rohstoffes zu erschließen. Eines davon sind biobasierte Chemikalien. „Die Gesellschaft befindet sich in einer Transformation. Dazu gehört auch, dass fossile Rohstoffe […] durch erneuerbaren Kohlenstoff ersetzt werden. Man wird auf alle erneuerbaren Kohlenstoffquellen zurückgreifen müssen“, so Kunz. „… Wir schauen, wie wir unsere Stoffe im Sinne der Kreislaufwirtschaft nutzen können.

Von einem Glied in künftigen regionalen Wertschöpfungsketten sprach denn auch Arvid Friebe, Geschäftsfüherer der Infra Zeitz im Chemie- und Industriepark: „Das Ziel ist formuliert. Wir laufen schon mal los„, ließ er durchblicken und bezog sich damit auf eine Rohrleitung, die biogenes CO2 an den künftigen grünen Chemiestandort bringen soll.

Und Zucker als Baustoff? Dazu konnte Prof. Dr. Stefan Reich beitragen. Der Professor für Ingenieurhochbau, Hochschule Anhalt, verwies auf sehr verschiedene Einsatzmöglichkeiten und hatte mit einem aus Zucker gebautem Pavillion auch praktische Beispiele parat. Weil neue Baustoffen einen langen Weg durch Zulassungsverfahren gehen müssten schlug Reich vor, ihre praktische Tauglichkeit als Referenz in Pilotprojekten nachzuweisen. Der prototypische Ansatz des Sachsen-Anhalt-Projektes für ein Neues Europäisches Bauhaus böte hierzu unter Umständen gute Möglichkeiten.

Hier brachte Sebastian Kunz die Zuckerrübe ins Spiel, die nicht nur „… die Feldfrucht mit dem höchsten Ertrag an fragmentierbaren Kohlenhydraten pro Jahr und Hektar … “ sei. Sondern deren Rückstände, die sogenannten Rübenschnitzel, noch einiges an nachnutzbaren Eigenschaften gerade im Bausegment böte.

Wir dürfen gespannt auf die künftigen Entwicklungen sein. Regionale Wertschöpfungsketten erschließen, das ist gerade im durch den Braunkohleausstieg ausgelösten Strukturwandel die Herausforderung schlechthin. Oder, wie es Prof. Dr. Wehrsporn vom Forum Rathenau anders formulierte: „Der Strukturwandel, der muss auch schmecken„.

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